Kategorie: Info
Der „Freie Markt“ wird’s schon richten!?
Unter diesem Titel konnten wir Naturfreunde am 20.10. einen tollen Tagesworkshop in Eberswalde mit den Referent*innen Steffi Wassermann und Giulia Fellin anbieten, für den wir vor allem an der Hochschule aber auch an anderen öffentlichen Orten in Eberswalde geworben haben.
Am Tag des Workshops waren wir dann eine schöne Runde von Menschen mit unterschiedlichsten Wissensständen und Erfahrungen zum Thema freier Markt und freier Handel, sodass ein interessanter Tag mit spannenden Diskussionen auf uns wartete.
Letztere entstanden gleich zu Beginn, als wir zum Einstieg ein Stimmungsbarometer zu verschiedenen Thesen unterschiedlicher Wirtschaftswissenschaftler*innen machten. Der interaktive Einstieg und die unterschiedlichen Meinungen weckten uns alle aus unserer Samstagmorgenmüdigkeit.
Danach ging es mit etwas Input zu Welthandelsorganisation, Freihandelsabkommen und den häufig an diese gekoppelten Schiedsgerichten weiter. Am Beispiel von NAFTA (Freihandelsabkommen zwischen USA, Kanada und Mexiko) haben wir in einem kurzen Film einige der Folgen solcher Abkommen zu sehen bekommen. Um zu verstehen, warum trotz der sichtbaren, negativen Auswirkungen in den beteiligten Ländern, immer mehr Staaten immer noch mehr Freihandelsabkommen abschließen wollen, haben wir ein kleines Rollenspiel gemacht. Dafür haben wir Teilnehmenden Infos mit Argumentationsstrukturen verschiedenster betroffener Akteure bekommen und in einer Gruppendiskussion aus deren Sicht heraus argumentiert. Und selbst in dieser Runde hatten die Unternehmer*innen doch auch wieder das letzte Wort…
Nach einer kurzen Kaffeepause wurde uns dann das Konzept der Modellstädte, welche in Honduras entstehen sollen, von den Referentinnen vorgestellt. Die Idee solcher autonomen Zonen, in denen „der freie Markt“ die Regeln festlegt und nicht mehr der Staat, kommt vom US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Paul Romer. In der derzeitigen Regierung des wirtschaftlich schwachen Honduras fand Romer Menschen, die gewillt sind, seine Ideen umzusetzen. Was das für das Land und ein Teil seiner Bewohner*innen bedeutet, hat uns wohl alle etwas geschockt in die Mittagspause gehen lassen…
Nach der Pause ging es zum Glück mit motivierenden Themen weiter! Mithilfe von Filmausschnitten und Texten haben wir uns in Kleingruppen über vier verschiedene, über den Globus verteilte, alternative Ansätze und Wirtschaftsweisen informiert. In Nicaragua machen sich Frauen die Regelung der „Freihandelszonen“ zunutze, indem sie in einer solchen Zone eine eigene Fabrik unter gemeinschaftlicher Führung und mit sozialgerechten Strukturen aufgebaut haben. (Zona Franca Masílí; https://youtu.be/aMq3mFhcWjw)
In Deutschland, sowie auch in vielen anderen Ländern, wird das Konzept der solidarischen Landwirtschaft immer weiterverbreitet und gemeinsam „nehmen Produzent*innen und Konsument*innen dem Gemüse ihren Preis und geben ihm dafür seinen Wert zurück.“ Und ziehen sich damit zumindest in einem Bereich aus dem kapitalistischen System zurück.
In Mexiko wehren sich die „Zapatistas“ nun schon seit Jahren friedlich gegen das Freihandelsabkommen NAFTA und die Herrschaft des „freien Marktes“, indem sie ihre eigenen Gesellschaftsstrukturen mit einem sozial-gerechten Wirtschaftssystem aufbauen, das so autonom wie möglich ist. (https://youtu.be/cnDRd9xM-qE)
Der französische Betrieb Terra Libra, der Produkte sozialgerechter und ökologischer Herstellung vertreibt, unterstützt die „Zapatistas“ und die „Landlosen“ in Brasilien, indem er von ihnen Kaffee und Kakao bezieht, die Lebensmittel die nicht regional in Frankreich selbst produziert werden können. (http://www.terralibra.fr)
Etwas über diese vielfältigen Ansätze zu lernen, die sich zum Teil gegenseitig unterstützen ohne sich zu kopieren, ist ziemlich motivierend und zu sehen, dass Menschen Neues wagen und ausprobieren, um die Fehler und Schwächen des derzeitigen Systems nicht einfach hinnehmen zu müssen, macht Mut und Lust es ihnen gleich zu tun! Für uns von den NaturFreunden war es ein Tag voll neuer, aufrüttelnder aber auch motivierender Informationen und dafür möchten wir den beiden Referentinnen sowie allen Teilnehmer*innen danken!
NaturFreunde Eberswalde